Das elektromechanische Stellwerk Wsa war vom 15. Mai 1923 bis zum 13. Juni 1993 in Betrieb. Die telegraphische Abkürzung Wsa steht für Wannsee. Abstellbahnhof. Wsa war betrieblich ein Wärterstellwerk. Der Weichenwärter Wsa regelte die Rangierfahrten im S-Bahn-Betriebswerk Wannsee. Die benachbarten Stellwerke waren Ws, und Wsw (von 1939 bis 1945). Der Architekt des Stellwerks Wsa war Richard Brademann. Der Hochbau steht unter der Objektnummer 09075493 unter Denkmalschutz. Zum Titelfoto:Das Stellwerk Wsa 1982. Das Foto erinnert an eine bekannte Aufnahme von Willy Pragher der Weiche 20 in Anhalter Bahnhof. Foto: Frank Müller
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Bauform des Stellwerks Wsa: Das elektromechanische Hebelwerk von Wsa der Bauform VES 1912 mit Farbscheibenüberwachung stammt von den Vereinigten Eisenbahn Signalwerken. Mit Stand 1988 setzte sich das Hebelwerk aus 8 Fahrstraßensignal-, 1 Zustimmungabgabe-, und 16 Weichenhebeln zusammen. 14 Rangiersignale sicherten die Fahrwege. |
Bahnhofs- und Streckenblock Gleichstrombahnhofsblock nach Ws und Wsw. |
Km 19,4 der Strecke Schöneberg Vorort—Wannsee (VzG Strecke 6033). Standort des Stellwerks Wsa bei Openstreetmap Hinweis: Bitte mit dem Mauszeiger auf die Koordinaten unter Internal zeigen, damit der Positionsmarker angezeigt wird. Unteres Foto: Wsa 1992. Geoportal Berlin, Lizenz dl-de/by-2-0 https://www.govdata.de/dl-de/by-2-0 |
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Das Stellwerk für den Abstellbahnhof Wannsee - Wsa
Die Wannsebahn wurde als letzte Strecke 1933 elektrifiziert. Die Ursachen sind heute nicht mehr feststellbar, denkbar sind aber finanzielle Probleme infolge der zeitgleich währenden Weltwirtschaftskrise. Die einstige Vorzeigestrecke verlor immer mehr Fahrgäste an die BVG-Konkurrenz. Die Deutsche Reichsbahn-Gesellschaft (DRG) reagierte 1932 mit dem Beschluss, die Wannseebahn zu elektrifizieren.[1] Auf der Suche nach einem geeigneten Gelände für die Werkstatt und die Abstellanlagen entschied sich die DRG für ein ca. 24000 m2 großes Grundstück südwestlich des Bahnhofs Wannsee.[2]
Die architektonische Gestaltung der Abstellanlage übernahm der bedeutenste Baumeister der DRG, Richard Brademann. Das Stellwerk Wsa ist in der von Richard Brademann favorisierten Architektur der neuen Sachlichkeit gehalten. Das Stellwerk Wsa wurde zwischen 1932 und 1933 erbaut und ging mit dem Abstellbahnhof am 15. Mai 1933 in Betrieb. Die Stellwerkstechnik war das bewährte elektromechanische Stellwerk Bauform VES 1912 mit Farbscheibenüberwachung.
Zeichnung des Stellwerks Wsa vom 12. April 1932. Archiv Berliner-Stellwerke.de
In der Zeichnung fehlt die links im Mauerwerk eingelassene Uhr noch. Archiv Berliner-Stellwerke.de
Die betrieblichen Aufgaben des Stellwerk Wsa
Das Stellwerk Wsa diente der Durchführung der Rangierfahrten innerhalb des S-BW Wannsee für die Aufstellung der Züge in den Abstellgruppen und der Zuführung der Züge in die Werkstatthalle sowie der Übergabe und Übernahme der Züge vom Bahnhof Wannsee. Das benachbarte Stellwerk für die Überführungsfahrten war Ws. Das Stellwerk Wsa war mit einem Weichenwärter bestetzt, da keine fahrdienstlichen Handlungen wie das Durchführen von Zugfahrten sowie Block- und Hauptsignalbedienungen erforderlich waren. Die Begrenzung der beiden Stellwerksbezirke übernahmen an den Gleisen 27 und 29 jeweils Hauptsperrsignale. Zwischen den Stellwerken Ws, Wsa und Wsw existierten folgende Bahnhofsblockabhängigkeiten:
- Für Fahrten von Ws Signale N 2 , O 2 und P 2 aus Gleis 6 oder Gbf auf Gleis Ws Pd war eine Zustimmung von Wsa erforderlich damit die Vorrücksignale V50 und V60 festgelegt werden.
- Nach 1945 konnte der Wärter Wsa das Gs 27 nur durch eine Befehlsabgabe vom Fdl Ws auf Fahrt stellen, weil die Einfahrt von Potsdam nach Gl. 3 und 4 das Zuführungsgleis 27 kreuzte.
- Zwischen Wsa und Wsw Bestand eine Bahnhofsblockabhängigkeit auf Gl. 56.[3]
Bis zur Erweiterung des Bahnhofs Wannsee im Jahre 1932/1933 kehrten die Züge der Wannseebahn seit dem Umbau 1928 auf den drei Kehrgleisen 27, 28 und 29. Mit der Erweiterung wurden die beiden Gleise 27 und 29 die Übergabegleise nach und von der Betriebswerkstatt Wannsee. Nur das Gleis 28 blieb weiterhin ein Kehrgleis für die nunmehr elektrischen Züge.
1929 existierten 3 Kehrgleise für die Dampfzüge der Wannseebahn. Das Stumpfgleis 26 war das Bekohlungsgleis. Archiv Berliner-Stellwerke.de
1940 gab es nur noch ein Kehrgleis 28. Die Gleise 27 und 29 waren die Überführungsgleise zum BW. Die Bekohlungsanlage ist abgerissen. Archiv Berliner-Stellwerke.de
1940 bediente der Wärter 14 Weichen und 9 Rangiersignale sowie ein Hauptsperrsignal 27. Die Rangierfahrten wurden durch Rangierfahrstraßen gesichert. Das Signal Ve 6 (Ra 12) leuchtete nach Umlegen des Fahrstraßenhebels auf. Bedingung für das Aufleuchten war die richtige Stellung der ersten spitz befahrenen Weiche hinter dem Rangiersignal. Durch Achskonktakte an den Weichen wurde so verhindert, dass ein falsches Rangierfahrtsignal aufleuchtete. Bei Fahrten aus dem Bw in Richtung Bahnsteig waren die Gruppenweichen ab der Weiche 105 nicht festgelegt.
1938/1939 wurde die Betriebswerkstatt um die Abstellgruppen 2 und 3 erweitert. Für die Übergabe der Rangierfahrten zwischen Stellwerksbezirk Wsa und dem neuen Stellwerksbezirk Wsw wurde das Gleis 56 vorgesehen.
Stellwerksbezirk Wsa 1940. Archiv Berliner-Stellwerke.de
Wsa von 1945 bis zur Außerbetriebnahme 1993
1945 wurde die Stellwerksausrüstung des Stellwerks Wsw von den Sowjets erbeutet. Die Weichen in den Abstellgruppen 2 und 3 wurden fortan die Weichen zu Handweichen. Gleichfalls 1945 wurde das S-Bahn Gleis Potsdam-Wannsee von den Sowjets als Reparationsleistung demontiert. Das hatte zur Folge, dass der S-Bahnbetrieb auf dem verbliebenen Gleis Wannsee-Potsdam durchgeführt werden musste. Für die Einfahrt von Griebnitzsee nach Gleis 4 mussten nun die Gleise 27 und 29 befahren werden. Für die Sicherung der Zugfahrten war eine Zustimmung des Wärters Wsa an den Fahrdienstleiter Ws notwendig. Ab dem 13. August 1961 entfiel diese Verfahrensweise wegen der Einstellung des S-Bahn-Verkehrs nach Potsdam.
Am 9. Januar 1984 übernahm die BVG die Betriebsrechte der Berliner S-Bahn in Westberlin. Die Stellwerke Wsa und Wsk wurden nun durch Personale der BVG besetzt. An der betrieblichen Zusammenarbeit änderte sich nichts. Nach wie vor musste der Fahrdienstleiter Ws mit dem Wärter Wsa die Rangierfahrten vom Bahnsteig Ws in die Betriebswerkstatt abstimmen.
1988 plante die BVG ein Regionalstellwerk, das den gesamten S-Bahnbereich des Bahnhofs Wannsee steuern sollte. Die Stellwerke Wsa und Wsk wären dann außer Betrieb gegangen. Durch die politische Wende wurde aus dieser Planung nichts mehr. Die Deutsche Reichsbahn richtete in dem Gebäude des geplanten Regionalstellwerks zwei ESTW für die Fernbahn und die S-Bahn ein. Am 13. Juni 1993 übernahm das ESTW die Aufgaben des Stellwerk Wsa. Das Stellwerk Wsa steht unter der Nr. 09075493 der Denkmalliste des Landesdenkmalamt Berlin unter Denkmalschutz.
Innenaufnahme des Stellwerks Wsa 1982. Foto Frank Müller
Das Stellwerk Wsa heute
Das Stellwerk selbst ist denkmalgeschützt und bleibt der Nachwelt erhalten. Wie sieht es heute dort aus? Der Autor hat am 25. September 2010 eine Bestandsaufnahme gemacht.
Das Stellwerk ist äußerlich gut erhalten. Leider sieht es innen anders aus: Der Dienstraum diente (und dient?) als "Wohnraum" für Nichtsesshafte. Der Dienstraum ist verwüstet. Das Hebelwerk, das ehemals aus zwei Hebelbänken zu je 16 Hebeleinheiten bestand, steht noch zur Hälfte. Dem Zustand nach zu ordnen diente es als Ersatzteillager.
Äußerlich gut erhalten präsentiert sich das Stellwerk Wsa am 25. September 2010. Foto Lars Molzberger
Zum Abschluss die Bildergalerie zum Stellwerk Wsa
Woher stammt das Wissen? |
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Veröffentlicht am 20. März 2011 Letzte Bearbeitung am 17. Januar 2023 |