In Betrieb vom 1. Oktober 1905 (spätestens) bis zum 1. Oktober 1984.

Tga ist die telegraphische Abkürzung von Tegeler Gabelung.

Die Nachbarstellwerke von Tga waren der Fahrdienstleiter Rkd Bf Reinickendorf, Fahrdienstleiter Snt Bf Schönholz, sowie bis 1934 der Fahrdienstleiter Snlb Bf Schönholz-

Der Architekt des Stellwerks Tga ist nicht bekannt, mutmaßlich Carl Cornelius. Der Rückbau des Hochbaus erfolgte im Dezember 2005

 

Bauform des Stellwerks Tga:

Mechanisch der Bauform Einheit Mw der Eisenbahnsignalbau-Anstalt Julius Gast. Bis 1933 mechanisch Siemens & Halske

Mit Stand 1933 setzte sich das Hebelwerk aus 4 Signal-, 4 Fahrstraßen-, 4 Weichen- und  4 Riegelhebeln zusammen. 3 Formhauptsignale (K, L, M) sicherten die Fahrwege.

Bahnhofs- und Streckenblock

Felderblock für Streckenblock zweigleisige Strecke auf der S-Bahn bis 1946. Danach Felderblock für eingleisige Strecke Bauform Berliner Form nach Schönholz und Reinickendorf. Auf der Fernbahn von 1905 bis 1984 Felderblock eingleisige Strecke Form A.

 

km 5,3 der Strecke Schönholz—Reinickendorf (VzG Strecke 6183). Standort des Stellwerks Tga bei Openstreetmap

Hinweis: Bitte mit dem Mauszeiger auf die Koordinaten unter Internal zeigen, damit der Positionsmarker angezeigt wird.

Unteres Foto: Tga 1969. Geoportal Berlin, Lizenz dl-de/by-2-0 https://www.govdata.de/dl-de/by-2-0

 

 

Aus drei mach zwei Gleise – die Abzweigstelle Tga

 

Die Ausfädelung in Schönholz. Bildmitte vorn das S-Bahngleis nach und von  Reinickendorf. 7. März 1982 Foto Frank MüllerZwischen 1903 und 1905 wurde die Kremmener Bahn wegen des gestiegenen Verkehrsaufkommens zweigleisig ausgebaut. Dieser Ausbau allein rechtfertigt keine Abzweigstelle an diesem Ort. Neben der Kremmener Bahn wurde im gleichen Zeitraum die Berliner Nordbahn hochgelegt und viergleisig ausgebaut. Künftig war der Vorort- vom dem Fern- und Güterverkehr auf jeweils eigenen Trassen   getrennt. Die Trasse der Kremmener Bahn zweigte nördlich des Bahnhofs Schönholz niveaufrei Richtung Westen ab. Dazu entstand aus Viadukten und Brücken eine Unterführung für ein Vorort- und ein Ferngleis. Diese drei Gleise vereinigten sich am Kilometer 5,3 bei der neuen Abzweigstelle Tga (Tegeler Gabelung) zu einer zweigleisigen Gemeinschaftsstrecke. Der Begriff „Gabelung“ ist dem englischen Wort „junktion“ für Abzweigung, Verzweigungsstelle angelehnt. Der nächste Bahnhof mit einer größeren verkehrlichen Bedeutung war Tegel. Deswegen der Hinweis auf Tegel und nicht auf den benachbarten Bahnhof Reinickendorf. Spätestens mit der Aufnahme des zweigleisigen Betriebs auf der Kremmener Bahn bis Tegel am 1. Oktober 1905 nahm die Abzweigstelle Tga ihren Betrieb auf. Weswegen wurde das dritte Gleis nicht weitergeführt? Leider sind die Bauakten aus dieser Zeit sehr lückenhaft. Welche Gründe dagegen sprachen, drei Jahre später  die dreigleisige Strecke bis Reinickendorf weiterzuführen (vermutlich finanzielle Gründe) lässt sich zum aktuellen Zeitpunkt nicht ergründen.

Mit dem dreigleisigen Abschnitt zwischen Schönholz und Tga war die Kremmener Bahn die einzige mehrgleisige Nebenbahn der KED Berlin bis 1910. Ab 1910 erhielt auch die Kremmener Bahn den Status einer Hauptbahn.

 

Lageplan der Abzweistelle Tga von 1908. Archiv Berliner StellwerkeLageplan der Abzweigstelle Tga von 1908. Archiv Berliner Stellwerke

 

 

Einen schiefen Turm kennt man nicht nur in Pisa

 

Ist Ihnen an Tga etwas aufgefallen? Richtig, das Stellwerk steht schief. Die unzähligen Fotografen haben nicht etwa den berühmten Knick in der Optik gehabt oder ihre Kamera schief gehalten. Nein, durch eine Fundamentabsenkung neigte sich das Stellwerk zur Flottenstraße hin. Die Absenkung könnte durch Setzung des noch nicht ausreichend gefestigten Bahndamms oder durch Erschütterungen durch Fahrten auf der ehemaligen ebenerdigen Trasse nördlich des Bahndamms verursacht worden sein. Die ursprüngliche Trasse wurde während der Aufschüttarbeiten noch genutzt. Böse Zungen einiger Fahrdienstleiter des Stellwerks Tga behaupten, dass nur die Drahtzugleitungen das Stellwerk in seiner Lage hielten. Da kann man von Glück sprechen, dass zu keiner Zeit ein Drahtzug gerissen ist… Jedenfalls kann Pisa nicht von sich behaupten, dass es ein schiefes Gebäude nur in dieser Stadt gibt. Nur ist Tga bei Weitem nicht so berühmt wie sein Bruder in Pisa.

Die sicherungstechnische Ausrüstung lieferte die Signalbauabteilung von Siemens & Halske. Das Hebelwerk war ähnlich wie das in Wilhelmsruh.

                                               Das schiefe Stellwerk Tga. 23. März 1991 Foto Lars MolzbergerDas schiefe Stellwerk Tga. 23. März 1991 Foto Lars Molzberger                                      Die Arbeit auf der Blockstelle mit Abzweigung Tga (bis ca. 1933 wurden Abzweigstellen betrieblich so bezeichnet) war anfangs beschaulich. Von 1905 bis 1910 war die Strecke mit bis zu 56 Zugfahrten täglich belegt, das entspricht rund 2 Fahrten die Stunde. Mit der Aufnahme des Vorortverkehrs nach Velten am 1. Oktober 1910 war die Strecke mit maximal 61 Zugfahrten am Tag ausgelastet, also rund 3 Zugfahrten die Stunde.[1] Das änderte sich spätestens mit der Aufnahme des elektrischen Vorortverkehrs am 16. März 1927. Die rot/gelben Züge, ab Dezember 1930 als S-Bahn bezeichnet, brachten einen erheblichen Tätigkeitszuwachs auf der Abzweigstelle Tga mit. Auch wenn anfangs ein 30 Minuten Takt vorgesehen war, verdichtete sich der Takt ab 1936 ganztägig auf 20 Minuten, im Berufsverkehr auf 10 Minuten. Während des Zweiten Weltkrieges fuhren die Züge zwischen Berlin und Hennigsdorf sogar im 5 Minuten Takt. DieseSignalaenderung Tga 193301 Arbeit war sprichwörtlich Handarbeit. Auf der Kremmener Bahn gab es keinen automatischen Streckenblock. Nach Zeitzeugenaussagen war der Fahrdienstleiter allein auf Tga. Die Aussage, dass der Fahrdienstleiter gut zu tun hatte, beschreibt die Auslastung sehr zurückhaltend.

Am 23. Mai 1933 erhielt das Blocksignal K einen zweiten Flügel. Mit der Eisenbahnsignalordnung von 1. Februar 1930 verabschiedete sich die Deutsche Reichsbahn Gesellschaft von der Wegesignalisierung. Bei der Wegesignalisierung zeigen die aufgezogenen Flügel den jeweiligen Fahrweg im Bahnhof oder der Abzweistelle an, geben aber keine Geschwindigkeit vor. Also drei Flügel bedeuten Einfahrt in das dritte Gleis vom durchgehenden Hauptgleis aus gesehen. Die Bayerische Staatsbahn hat in ihrer Signalordnung von 1892 die Geschwindigkeitssignalisierung eingeführt. Der 1907 eingeführte zweite Flügel bedeutete eine Fahrt über den abzweigenden Strang von Weichen, der stets eine Geschwindigkeitsreduzierung verbunden war. 1930 folgte die DRG dem Bayerischen Vorbild.

Nach nur 28 jähriger Betriebszeit war das Stellwerk von Siemens & Halske bereits so abgenutzt, dass über eine Erneuerung nachgedacht wurde. Am 20. Oktober 1933 verfasste Herr Behrens folgendes Schreiben:

„…2). Das bereits 28 Jahre alte abgängige Hebelwerk Tga der Bauart S.&H. soll noch im Laufe ds Js. gegen ein neues Einheitshebelwerk ausgewechselt werden.

Die Hierzu erforderlichen Mittel stehen bei Titel 14 Ziffer 4 - C 39001/33 (Bb), Erneuerung der Stellwerke—Einzelteile z.Vfg. Die Verwaltung des Fonds erfolgt im Dez. 39 (Ts V). Es sind daher sämtliche Bz. und Rechnungen dem Dez. 39 zur Genehmigung bezw. Buchung vorzulegen.

Der geringe Platz im Stellwerksraum lässt die Aufstellung eines normalen 17-teiligen Hebelwerks nicht zu. Da eine Erweiterung der Anlagen in absehbarer Zeit nicht infrage kommt, soll eine verkürzte 14—teilige Hebelbank aufgestellt werden. Zur Abgabe eines Angebots für die Lieferung und Aufstellung des Einheitshebelwerks ist die Fa. Gast aufgefordert worden. Mit der Auswechselung des Hebelwerks soll gleichzeitig das vorhandene 16-teilige Blockwerk ausgebaut und hierfür ein 12-teiliges Blockwerk eingebaut werden. Ein 12-teiliger Block ist in der Telegr.Werkstatt vorrätig und ist dort herzurichten.

Um den für die Montage des neuen Hebelwerks erforderlichen Platz zu schaffen‚ ist der grosse Ofen im Stellwerksraum auszubauen und durch eine Narragheizung zu ersetzen…“[2]

Die Hebelwerkskizze für das Einheitsstellwerk Tga von 1933. Archiv Berliner Stellwerke.deDie Hebelwerkskizze für das Einheitsstellwerk Tga von 1933. Archiv Berliner Stellwerke.deWer wissen möchte, was eine Narragheizung ist, kann sich hier informieren. Die Narragheizung funktionierte übrigens bis zur Außerbetriebnahme des Stellwerks einwandfrei.  Den Zuschlag für den Einbau der neuen Sicherungstechnik erhielt die Fa. Julius Gast aus Berlin-Lichtenberg.

Fast gleichzeitig mit der Erneuerung des Hebelwerks erfolgte eine Vereinfachung des Fahrwegs: Die Doppelkreuzungsweiche 2 a/b, 2 c/d musste im wahrsten Sinne des Wortes zwei einfachen Weichen weichen. Der Unterhaltungsaufwand ist gegenüber den Doppelkreuzungsweichen (DKW) erheblich reduziert und wenn Platz für einfache Weichen vorhanden ist, benötigt man keine Doppelkreuzungsweichen.

Obwohl, soviel sei angemerkt, sich mir der Sinn der DKW 2 nicht erschließt. Die Fahrten von Schönholz auf dem Vorortgleis in das linke Gleis nach Reinickendorf (oder von Reinickendorf links nach Schönholz) waren im Regelbetrieb nicht vorgesehen. Die sogenannten Falschfahrten waren betriebliche Ausnahmen. Mögliche Erklärung ist, dass wegen Bauzuständen zeitweise eingleisiger Betrieb eingerichtet war. Die einfachste Möglichkeit, diese Fahrten zu ermöglichen war der Umbau der Weiche 2 von einer EKW in eine DKW.

Der Weichenumbau in Tga 1933. Archiv Berliner Stellwerke.deDer Weichenumbau in Tga 1933. Archiv Berliner Stellwerke.de

Amtsblatt der Rbd Berlin Nr. 125/1943. Archiv Berliner Stellwerke.deAmtsblatt der Rbd Berlin Nr. 125/1943. Archiv Berliner Stellwerke.de1943 wurde das Blocksignal K mit dem damals Ve 5 genannten Ersatzsignal ausgerüstet. Das Ersatzsignal beschleunigt bei einer Signalstörung den Betriebsablauf, weil es den schriftlichen Befehl zur Vorbeifahrt am Halt zeigendem Signal ersetzt. Die Nachrüstung der Betriebsstellen erfolgte aus Kostengründen aber nicht kontinuierlich. Die Kremmener Bahn war aber eine kriegswichtige Strecke (Deutsche Waffen & Munitionsfabriken, Borsig in Tegel und die AEG in Hennigsdorf). Erhebliche Verspätungen und Rückstau von Zügen beeinträchtigte die Kriegswirtschaft.

 

Die Abzweigstelle Tga nach 1945. Überflüssig oder nicht?

 

Zwei Jahre später gab es nichts mehr zu produzieren für die Kriegswirtschaft. Am 8. Mai 1945 war der Zweite Weltkrieg beendet, auf der Kremmener Bahn wurde etwas über einen Monat später am 11. Juni 1945 der Betrieb mit Dampfzügen nach  Tegel wieder aufgenommen. Wann der Güterverkehr wieder rollte, ließ sich bisher nicht eruieren. Die Strecke war weiterhin aus Richtung Schönholz gesehen bis Tga drei-, ab Tga zweigleisig. Die Sowjets demontierten für Reparationszwecke das Gleis Velten—Tegel. Ab August 1945 übernahmen die Franzosen ihre ihnen zugedachte Besatzungszone. Laut[[3]] wurde der S-Bahnbetrieb bis Tegel am 22. November 1945 mit zweigleisiger Betriebsführung aufgenommen. Im Juni 1946 beklagt sich die Rbd Berlin über die Verzögerungen beim Umbau des Bahnhofs Tegel zu einem Kreuzungsbahnhof.[[4]] Kreuzungsbahnhöfe gibt es nur auf eingleisigen Strecken. Somit ist es nur schlüssig festzustellen, dass die Französische Besatzungsmacht in diesem Zeitraum das Gleis Tegel-Schönholz für die Anbindung des Quartiers Napoleon demontierte. Ein Lage- und Verschlußplan der Abzweigstelle Tga vom 24. Juni 1947 belegt die Eingleisigkeit. Weil solche Pläne nur bei umfangreichen Veränderungen der sicherungstechnischen Infrastruktur neu gezeichnet werden, liegt der Grund für die Neuerstellung des Plans in der Eingleisigkeit der Strecke Schönholz—Tegel.

Zwischen Schönholz und Reinickendorf ergab sich aus der nun vorherrschenden Eingleisigkeit ein neuer technischer Sachzwang: In den Blockwerken war kein Platz mehr für das für eingleisige Strecken notwendige Erlaubnisfeld. Als Lösung wurde die sogenannte Berliner Form gewählt. Die Blockform habe ich hier ausführlich beschrieben. Leider war wegen der Störanfälligkeit dieser Blockform bis zur Außerbetriebnahme Tga das Rückmelden ständig eingeführt.

Lage- und Verschlußplan Tga vom 25. Juni 1947. Archiv Berliner Stellwerke.deLage- und Verschlußplan Tga vom 25. Juni 1947. Archiv Berliner Stellwerke.de

Der Verkehrsrückgang nach 1945 und noch einmal gesteigert nach den Abgrenzungsmaßnahmen der DDR am 13. August 1961 ließen die Frage nach der betrieblichen Notwendigkeit der Abzweigstelle Tga aufkommen. 10 Jahre später, am 24. August 1971, war diese Frage Thema einer Ingenieursabschlussarbeit der Ingenieurschule für Eisenbahnbetriebs- und Verkehrstechnik Gotha. Die Autoren Bernhard Pohl, Karl-Heinz Valdeck und Manfred Zingel[5] argumentierten auf 42 Seiten das Für und Wider einer Außerbetriebnahme der Abzweigstelle Tga.

Einer Schließung mit Weiterführung der Gemeinschaftsstrecke nach Schönholz käme wegen der Streckenbelegungszeit von 21,5 Minuten nicht in Frage. Interessant ist, dass die Autoren keine Kreuzungen von S-Bahnzügen in Reinickendorf vorsahen. Reinickendorf wurde erst bei der Wiederinbetriebnahme der S-Bahn nach Tegel am 28. Mai 1995 ein Kreuzungsbahnhof für die S-Bahn.

Der Fahrdienstleiter bei der Arbeit.Links neben dem Fdl an der Wand die drei Taster für die Ersatzsignale. 4. Januar 1982. Slg Lars MolzbergerDer Fahrdienstleiter bei der Arbeit.Links neben dem Fdl an der Wand die drei Taster für die Ersatzsignale. 4. Januar 1982. Slg Lars MolzbergerDer zweite Aspekt, zwei eingleisige Strecken bis Reinickendorf zu projektieren, wurde zwar als machbar bejaht, aber die Verfasser kamen zu dem Ergebnis, „dass der volkswirtschaftliche Nutzen im Verhältnis zum finanziellen Aufwand zu gering ist. Durch die Schließung der Abzweigstelle Tga, können zwar die Selbstkosten infolge Einsparung von Arbeitskräften etwas gesenkt werden. Jedoch sind dieses die einzigen Vorteile, da weder der Wagenumlauf beschleunigt, noch die erhöhte Streckenkapazität praktisch ausgenutzt werden können.“

Auch später waren die Stimmen, die eine Außerbetriebsetzung von Tga forderten, nicht ganz verstummt. Ein undatierter Neuerervorschlag (vermutlich Anfang der 1980er Jahre) fordert sogar die Zentralisierung der Sicherungstechnik, sodass Reinickendorf Tga fernsteuert:

 

 

 

Neuerervorschlag zur Außerbetriebnahme Tga o.D. Archiv Berliner Stellwerke.de

Anlage zum Neuerervorschlag Rolf Müller Klaus-Peter Huke

Beschreibung des NV:

1. Problem

Im Bereich des Bf.'s Schönholz - Reinickendorf werden eine Abzweigstelle (Tga), ein Güterbahnhof und der S-Bahnbetrieb z.Zt. durch drei Stellwerke: Tga, Rkd und Rwb signaltechnisch bedient, d.h. auf einer Entfernung von ca. 3 km gibt es drei mechanische Stellwerke.

2. NV

Im Rahmen der Erhöhung der Effektivität und Senkung der Kosten schlagen wir folgende Veränderungen vor:

2.1. Schließung des Stellwerkes Tga

2.2. Schließung des Stellwerkes Rkd oder Rwb und Übernahme der notwendigen signaltechnischen Funktionen der Stellwerke Tga und Rkd oder Rwb (abhängig davon welches verbleibt) durch Rkd oder Rwb. Die Realisierung wird möglich, indem statt des mechanischen Hebelwerkes ein elektromechanisches Hebelwerk in Rkd oder Rwb eingebaut wird und alle Signale als Lichtsignale ausgeführt werden. Evt. Probleme des langen Stellweges für die jetzigen Weichen in Tga lassen sich durch den Einsatz von Drehstromweichen lösen.

2.3. Welches Stellwerk im Bf. Rkd geschlossen werden kann, muß aus betriebstechnischen Untersuchungen ermittelt werden. Für die technische Ausführung bringt diese Entscheidung die Lösung des Problems, ob Drehstromantriebe für die Weichen in Tga erforderlich werden.

3. Für die Realisierung schlagen wir vor, eine Untersuchung der Betriebstechnologie im Bereich der Bahnhöfe Schönholz und Reinickendorf - in Hinsicht auf den Güterverkehr - im Rahmen einer Ingenieurarbeit erstellen zu lassen.

Das Ergebnis dieser Untersuchung soll darin bestehen, zu entscheiden, welche betrieblichen Forderungen für die Zusammenlegung der drei Stellwerke bestehen, wie Lage- und Verschlußplan aussehen sollten und welche weiteren betrieblichen und technischen Maßnahmen notwendig sind, um einen sicheren Betriebsablauf zu ermöglichen (z. B. Zugschlußmeldung, Störungsfälle etc).

 

Titelseite der Betra 80005 für den Einbau der Schutzweiche.Auch dieser Vorschlag wurde aus unbekannten Gründen nicht umgesetzt. Lag es vielleicht an der bevorstehenden Übernahme der S-Bahnbetriebsführung durch die BVG?

Um 1980 entgleiste eine Lok der Baureihe 106 (heute BR 346) auf dem Schutzgleis der Abzweigstelle Tga mit allen vier Achsen. Grund der Entgleisung war das fast 100 jährige Gleis. Es war noch von der Inbetriebnahme der Kremmener Bahn von 1893 übrig geblieben. Die 106er wollte den obligatorischen Kohlenwagen stellen.  Der Oberbau dieses nicht instandgehaltenen Gleises hielt die Belastung von 60t nicht mehr stand. Das Schutzgleis wurde nach der Entgleisung schleunigst ausgewechselt.

Lange war Tga keine Zukunft mehr beschieden. 1983 verhandelten der West-Berliner Senat und die Deutsche Reichsbahn über die Übernahme der Betriebsrechte der Berliner S-Bahn in West-Berlin. Am 9. Januar 1984 wurde die Übernahme vollzogen. Die BVG stellte den S-Bahnbetrieb nach Heiligensee ein. Noch blieb Tga zehn Monate in Betrieb. Erst am 1. Oktober 1984 – nach fast 90 jähriger Betriebsdauer – erfolgte die Außerbetriebnahme des Stellwerks Tga.

Die BVG ließ ihre Fahrzeuge bei der Waggon Union in Borsigwalde instand setzen und die Baureihe 480 neu fertigen. Für die Überführung zum S-BW Wannsee musste die BVG die Infrastruktur der DR nutzen, d. h. die Fahrzeuge fuhren nicht mit eigener Kraft von Tegel nach Wannsee, sondern waren in einem Zugverband eingestellt. Durch die Außerbetriebsetzung von Tga erreichte die BVG nicht mehr das S-Bahngleis Tga—Snl und musste daher diesen Weg nehmen, den sich die DR selbstverständlich entsprechend vergüten ließ. 1990 war durch die politische Wende in der DDR der Normalisierungsprozess zwischen beiden Seiten schon so weit fortgeschritten, dass man über Vereinfachungen im Betriebsprozess reden konnte. Zwischen dem 26. Februar und dem 23. März 1990 baute die BVG gemäß Betra 80 005/90 eine Schutzweiche im Km 5,1 kurz vor dem Stellwerk Tga ein. Durch die sicherungstechnische Ausgestaltung zu einer Ausweichanschlussstelle konnte die BVG ihre Fahrzeuge künftig mit eigener Kraft von Schönholz aus nach Tegel und umgekehrt überführen.  Mit Wirkung zum 1. April 1991 trat die vom Reichsbahnamt Abt. Betriebsdienst aufgestellte Bedienungsanweisung für die Ausweichanschlussstelle Tga in Kraft. Sie ist im folgenden Aufklappmenü für interessierte Leserinnen und Leser in voller Länge verfügbar.

 

 

Spätestens mit der Übergabe der Berliner S-Bahn an die DB AG zum 1. Januar 1994 endeten diese Fahrten. Die Berliner S-Bahn war wieder ein einheitlicher Betrieb, der seine eigene Infrastruktur nutzen konnte. Des Weiteren stand die Wiederinbetriebnahme des S-Bahn-Betriebs bis Tegel an. Die Wiederinbetriebnahme der Abzweigstelle Tga kam nicht in Betracht. Die Fernbahn wurde eingleisig bis Reinickendorf ausgebaut, sodass bis Reinickendorf zwei voneinander unabhängige Trassen bestehen. Erst ab dem Güterbahnhof Reinickendorf beginnt die Gemeinschaftsstrecke.

Das Stellwerk Tga war Ende der 1990er Jahre nur noch eine Brandruine. Im Dezember 2000 erfolgte der Abriss des Gebäudes. Heute erinnert nur noch ein im Gestrüpp verborgenes Außenspannwerk an den Standort der Abzweigstelle.

 

Diese Ansichten gibt es nie wieder: Tga von Innen und von Außen

 

 

 

 

Woher stammt das Wissen?

[1] Bley, Peter: Die Kremmener Bahn, Verlag Neddermeyer 2004. Addierung der Zugfahrten auf Seiten 61 und 62

[2] Landesarchiv Berlin A Rep. 080 Nr. 5828

[3] Bericht der Deutschen Reichsbahn an die sowjetische Militäradministration  vom 28.11.1945, Bundesarchiv Berlin DM 1 Nr. 28

[4] Monatliche Betriebsberichte über die Anpassung der baulichen Anlagen an den neuen Zustand der Bahnanlagen BA DM 1/3426, Bericht vom 18. Juni 1946

[5] Landesarchiv Berlin C Rep 309 Nr. 4140 -  Außerbetriebsetzung Stellwerk " Tga " Streckenabschnitt Berlin-Reinickendorf-Berlin-SchönholzBerhard Pohl, Karl-Heinz Valdeck, Manfred Zingel

 

Ich bedanke mich herzlich bei Jobst für ergänzende Informationen.

Veröffentlicht am 22. Oktober 2019

Letzte Bearbeitung am 15. November 2022