Die Entwicklung des Siemenschen Blockes

 

 

Von Reg.Baumeister a. D. W. Becker

 

 

Siemens Zeitschrift 2/1922, Seiten 534 bis 548

 

Wenn heute auf unseren deutschen Bahnen der Reisende sicher auch durch das verzweigteste und wirrste Netz unserer Riesenbahnhöfe fahren kann, so dankt er dies mit in erster Linie dem hochentwickelten deutschen Eisenbahnsignalwesen. Nicht geringen Anteil daran hat der überall im Deutschen Reich eingeführte, vor mehr als 50 Jahren von der Firma Siemens & Halske erdachte Handblock. Bis zum Jahre 1870 bot das Eisenbahnsignalwesen der zahlreichen deutschen Bahngesellschaften ein buntscheckiges Bild. Der sächsische Eisenbahndirektor Weber beginnt 1867 sein Werk über Telegraphen« und Signalwesen auf den Eisenbahnen bezeichnenderweise mit den Worten: „Das deutsche Eisenbahn-Signalwesen ist ein Chaos von Zeichen und Erscheinungen, die kaum vielgestaltiger und bunter sein könnten, wenn deren Schöpfer ihrer Phantasie mit dem Kaleidoskop zu Hilfe gekommen wären.“ Auf vielen Bahnen fuhr man einfach nach Zeit, d. h. nach einer bestimmten Zeit durfte ein nächster Zug fahren. Als das Fahren nach Zeit wegen der Stärke des Verkehrs zu gefährlich wurde, wurden zur Regelung des Zugverkehrs die verschiedensten Meldeverfahren, z. B. mit Morseapparaten, Galvanoskopen mit Zeigern und Farbscheiben nach englischen Mustern verwendet (wie man sich überhaupt nicht nur in der Spurweite, der Lokomotiv- und Wagenbeschaffung, sondern auch auf dem Gebiete des Eisenbahn-Sicherungswesens eng an das führende England anlehnte). Die allmählich entstandene Mannigfaltigkeit im Eisenbahn-Sicherungswesen machte sich besonders störend bemerkbar in den drei Kriegen 1864, 1866 und 1870/71. Deshalb wandten sich die bedeutenderen Eisenbahnverwaltungen an die ihnen nahestehenden Firmen und baten sie um Vorschläge für ein Blocksystem, das sich zur einheitlichen Einführung auf deutschen Bahnen eignete.

Die Firma Siemens & Halske war damals die einzige bestehende Eisenbahnsignal-Bauanstalt, die Anspruch auf die Bezeichnung erheben konnte. Seit 1852 gehörten zu ihren eingebürgerten Erzeugnissen elektrische Läutewerke für die Eisenbahnen (Abb. 1). Deren Einführung verdankte sie in erster Linie der Erfindung des Induktors im Jahre 1856. Die jährlichen Herstellungszahlen betrugen in den sechziger Jahren schon über 600, in den siebziger Jahren über 1600 Stück. Als Hauptbearbeiter dieses Gebietes muß der Oberingenieur Carl Frischen genannt werden, ein vorzüglicher Eisenbahnfachmann, der frühere Telegraphendirektor der Hannoverschen Staatsbahn.

Geburtsjahr des Siemensblockes ist das Jahr 1870. Im August 1870 wurden an die Berlin—Potsdam—Magdeburger Bahn vier Blockzeiger geliefert, denen im Oktober acht weitere folgten. Die erste Zeichnung des 'Blockapparates trägt das Datum vom 27. September 1870, die des zugehörigen Kastens das vom 22. Oktober 1870. Nach den Aufzeichnungen von Carl Frischen sind diese als die ersten beendeten Konstruktionen anzusehen. Am 11. Oktober 1870 hielt Frischen im Verein für Eisenbahnkunde einen Vortrag über das Siemenssche Blocksystem, am 14. Oktober machte er die Eisenbahnverwaltungen durch eine Abhandlung damit bekannt. Die Aufnahme war sehr günstig. Darauf fand am 1. Dezember 1870 in Berlin eine Versammlung von technischen Abgeordneten sämtlicher größeren deutschen Eisenbahnverwaltungen statt. An dieser nahmen von der Firma Siemens & Halske, die schon im Oktober 1870 schriftlich ihre Vorschläge für ein neues Blocksystem eingereicht hatte, Werner von Siemens und Carl Frischen als Gäste teil. Auch Vertreter der österreichischen Staatsbahnen waren hinzugezogen.

In der Versammlung führte Carl Frischen den neuen Siemensschen Blockapparat vor. Die Konstruktion des Apparates unterschied sich in grundlegenden Punkten von den bis dahin üblichen Blockungsarten nach englischen Mustern. Der ursprüngliche Apparat zeigte zwei Blockfelder, für jede Fahrtrichtung je eins, in einem viereckigen, an der Wand aufhängbaren Kasten vereinigt. Die Blocktasten befanden sich unter den Fenstern (Abb. 2 und 3).

Die Felder bestanden aus Magneten, die durch Induktorgleichstrom betätigt wurden, im Gegensatz zu der englischen Ausführung mit Batterien. Die Magnete bewegten Anker, die weiße und rote Farbscheiben trugen. Diese zeigten hinter den Blockfenstern je nach Lage der Strecke die Aufschriften „Frei“ oder „Gesperrt“. Bediente der Wärter nach Ausfahrt des Zuges sein Blocksignal durch Niederdrücken der Taste und Drehen der Induktorkurbel, so verwandelte sich das Feld „Frei“ in „Gesperrt“ und zeigte hierdurch dem Wärter an, daß die betreffende Strecke besetzt sei. Die Rückverwandlung des Feldes in „Frei“ konnte erst durch den Wärter der vorausliegenden Blockstelle bewirkt werden. Nach Vorbeifahrt des Zuges blockte dieser sein eigenes Feld in „Gesperrt“ und gab damit dem vorhergehenden Blockwärter wieder das Feld „Frei“. Dadurch, daß zwei Handhabungen, nämlich das Niederdrücken der Taste und das Drehen der Induktorkurbel, zur Betätigung erforderlich waren, war eine versehentliche Bedienung erschwert. Eine Abhängigkeit zwischen Blockapparat und Signal, die heute eine der Hauptbedingungen der Blockung ist, bestand noch nicht.

Einen weiteren Vorschlag der Firma Siemens & Halske zeigt ein Blocksignal für den Lokomotivführer (Abb. 4) mit den drei Stellungen Fahrt, Ruhe und Halt. Die konstruktive Durchführung dieses zweiten Vorschlages ist aus den übernommenen Zeichnungen leider nicht mehr zu ersehen. Beide Vorschläge erforderten im Gegensatz zu den üblichen englischen Ausführungen, die drei Leitungen mit größeren Querschnitten hatten, nur eine einfache Blockleitung mit geringem Querschnitt. Das war der Vorteil der starken Induktorströme gegenüber den schwachen Batterieströmen. Dadurch war das Siemenssche System nicht nur in der Unterhaltung, sondern auch in der Neuanlage billiger als die englischen Einrichtungen.

Den Vorschlag der optischen Signale lehnte die Konferenz ab, da man der Ansicht war, daß man dem Wärter die Bedienung seines Signales nicht ganz entziehen dürfte und die Anlage sich zu teuer stellen würde. Der eigentliche Blockapparat fand ungeteilte Zustimmung, nur gegen einzelne Punkte der Ausführung wurden Bedenken erhoben. So wurde befürchtet, daß Gewitter eine fälschliche Auslösung hervorrufen könnten. Man bemängelte, daß der Wärter nicht sehen könnte, ob er dem zurückliegenden Blockwärter die Strecke schon freigegeben hätte. Des weiteren war es möglich, die rückliegende Strecke schon freizugeben, bevor das Signal auf Halt zurückgelegt war.

Siemens & Halske unterzogen nun den Apparat einer gründlichen Durcharbeitung, an der sich besonders der Leiter des Konstruktionsbüros von Hefner-Alteneck beteiligte. Das Ergebnis war, daß schon am 1. Februar 1871 der neue Wechselstromblock fertig im Entwurf vorlag. Bis heute ist er in dieser Form noch grundsätzlich beibehalten worden, wenn sich auch die äußere Form des Blockfeldes seitdem stark verändert hat (Abb. 5). Das optische Signal wurde ganz fallen gelassen, dafür aber durch Kontakteinrichtungen eine Folgeabhängigkeit zwischen Blockung und Signalstellung geschaffen. Hiermit folgte man einer Anregung des sächsischen Oberinspektors Pörsch. Durch die Kontaktanordnung wurde insbesondere die Forderung erfüllt, daß die Strecke rückwärts nicht eher freigegeben werden konnte, als das Signal hinter dem Zug auf Halt gelegt war. Das optische Signal wurde durch Konsolwinden gestellt, die unter dem Blockkasten an; gebracht waren (Abb. 6 und 7), oder durch Ziehwinden (Abb. 8), die darüber lagen.

 Der eigentliche Blockapparat zeigte folgende Abweichungen von dem ersten Vorschlag (Abb. 5). Die Drucktasten waren von unten auf den Kasten als Druck« knöpfe verlegt. Als Induktorstrom wurde jetzt Wechselstrom verwendet und dadurch die Gefahr von Fremd: strömen und Blitzschlägen ausgeschaltet, noch heute ein Hauptgrund der Überlegenheit des Siemensblockes über die meisten anderen Systeme.

Bei Einreichung der ersten Vorschläge war betont worden, daß eine Verbindung des optischen Zeichens am Blockfeld mit einem akustischen Zeichen durch Weckerglocke möglich sei. In den „Leitsätzen“ der Versammlung vom 1. Dezember 1870 hatte man dies abgelehnt, da man hierdurch Irrtümer des draußen auf dem Bahnsteig tätigen Beamten befürchtete, die eine falsche Signalstellung zur Folge haben könnten. Trotzdem sind in dem neuen Siemensschen Blockapparat von 1871 die Wecker vorgesehen. Begründet wurde dies damit, daß durch Einführung der unter dem Block= werk liegenden Konsolwinden und deren Abhängigkeiten von den Blockfeldern ein Irrtum nicht mehr möglich sei, weil der Beamte ja zur Bedienung des Signales an den Block gehen muß. Der draußen befindliche Beamte wird durch das Weckerzeichen aber benachrichtigt, daß eine Meldung eintrifft und er zu einer Bedienung in den Dienstraum muß. Die Wecker wurden ebenfalls durch Drehen der Induktorkurbel betätigt. Doch war hier nur der Induktorgleichstrom angeschlossen. Noch in demselben Jahre (1871) wurde das Blockfeld mit Riegelstangen versehen und die noch heute übliche mechanische Abhängigkeit zwischen Signal und Blockfeld hergestellt. Dies bedeutete einen Schritt, den die schon vor Deutschland im Signalwesen führend gewesenen Länder, wie z.B. England, erst viel später getan haben. Das Modell Abb. 9 zeigt u. a. klar die Einwirkung der Riegelstange auf den Signalhebel.

 

Am 1. Februar 1871 ist der erste verbesserte Blockapparat an den Oberinspektor Pörsch nach Sachsen abgegangen, da dieser sich ganz besonders für ihn erwärmt hatte. Werner v. Siemens äußerte damals schon in Briefen an seinen Bruder in London, es sei zu erwarten, daß der Block Gegenstand einer Massenfabrikation werde, da die Eisenbahnen die Firma wegen der Blockapparate über; stürmten. So wurden noch im Jahre 1871 46 Apparate an die Berlin—Hamburger, 30 an die Magdeburg—Leipziger, 24 an die Sächsische Staatsbahn, 3 an die Main—Weser, 5 an die Bebra—Hanauer, 11 an die Berlin—Potsdamer, 10 an die Westfälische Bahn, außerdem ein dreiteiliger Apparat an die Sächsische Staatsbahn geliefert.

Dieser hatte schon die später noch erwähnte Stellung der Magnete übereinander mit senkrecht schwingendem Anker. Die Fabrikation selbst litt aber damals besonders unter dem Arbeitermangel infolge des Krieges, so daß die Firma den Ansprüchen, die an sie gestellt wurden, nicht gerecht werden konnte. Im September 1871 fand in Potsdam eine neue Konferenz statt. Zu dieser wurden gesandt: 7 Blocksignalapparate mit Flügeln, 1 dreiteiliger Blocksignalapparat, 1 voll; ständige Konsolwinde, 1 vollständige Ziehwinde u. a. Die Versammlung entschied sich jedoch noch nicht endgültig für das Siemenssche System, da auch verschiedene Vorschläge der Konkurrenz vorlagen. Es sollten noch weitere Erfahrungen gesammelt werden. Das geschah. Am 19. September 1872 schrieb die Sächsische Staatseisenbahn über die 6 Meilen lange, mit 24 Apparaten ausgerüstete Strecke Zwickau—Horlasgrün:

„Die Erfahrungen bei uns sind jetzt solche, daß selbst das Maschinen- und Fahrpersonal mit einer gewissen Beruhigung die mit Blockapparaten besetzte Bahnstrecke passiert.“

An der Ausgestaltung des Blockapparates in Verbindung mit dem „Weichen; und Signalbahnhofs; Zentralapparat“ (System Frischen) (Abb. 10), der im Sommer 1872 konstruiert wurde, wurde fortgearbeitet, und Werner Siemens konnte im August hoffnungsfreudig seinem Bruder nach London schreiben:

„Im Eisenbahn-Signalwesen haben wir durch Frischen und Hefner ganz gewaltige Fortschritte gemacht, die die ganze Sache reformieren. Einradläutewerke mit Wechselstromauslösung, Blocksystem, elektrisches Zentralweichensystem, neue sehr billige Budenschreiber mit trockener Schreibscheibe usw. Seit einigen Tagen ist eine Kommission der Belgischen Staatsbahnen hier, um unser System in Belgien einzuführen. Kurz vorher waren Holländer hier, um für ihre Drehbrücken unsere Sicherungseinrichtungen ein; zuführen. Baden hat 1000 Läutewerke bestellt und mit Elsaß-Lothringen stehen wir in Unterhandlung. Kurz, die Sache wird bald großartige Dimensionen bei uns annehmen, und Frischen freut sich, den Spirituskontrollapparat bald aus der Fabrik los zu werden, um Platz zu bekommen.“

Am 10. Juli 1874 konnte Werner Siemens an seinen Bruder nach London schreiben:

„Das Eisenbahnsignalwesen nach unserem System bricht sich jetzt siegreich Bahn, macht aber kolossale Arbeit, da jeder Bahnhof ein besonderes Studium und Aufstellung von Plänen erfordert und stets neue konstruktive Ansprüche auftreten. Das darf nicht gestört werden, denn davon lebt die Fabrik in der Hauptsache.“

Werner Siemens selbst sah, nachdem der Grund; legende Gedanke des Blockes gefunden war, die Fabrikation als Massenfabrikation an und überließ sie Frischen. Wie er selbst jedoch in dem erwähnten Schreiben zugab, konnte die Fabrikation nie im gewöhnlichen Sinn eine Massenfabrikation werden, da jeder Bahnhof andere Forderungen stellte und zur Streckenblockung die Bahnhofsblockung mit ihren Eigenarten und den Zentralweichen- und -signalstellwerken hinzukam. Auf dem letzten Gebiet bestand ein kräftiger Wettbewerb, der in den achtziger Jahren gegen Siemens & Halske einen Vorsprung hatte, da diese Apparate hier weniger Teilnahme erweckten. Erst  in den neunziger Jahren nahm die Entwicklung des Eisenbahn-Sicherungswesens, die Ende der siebziger Jahre wieder abgeflaut war, einen neuen Aufschwung. Die Zahl der gelieferten Blockwerke steigerte sich in den Jahren von 1871 bis zum Jahre 1914 von 160 auf  1200 im Jahre.

11Die von Werner Siemens schon 1872 angedeutete Einführung des Blocksystems in Belgien zog sich noch bis zum Jahre 1880_hin, 1882 folgten österreichische Bahnverwaltungen. Überhaupt hielt sich das Auslandgeschäft zuerst nur in engen Grenzen. Heute ist der Siemensblock eingeführt in Holland und den Kolonien, Belgien, Dänemark, Schweden, Norwegen, Schweiz, Osterreich, Ungarn, Rußland, Polen, Rumänien, Tschecho-Slowakei. Die Zahl der heut im In; und Ausland in Betrieb befindlichen Blockwerke beläuft sich auf etwa 40000, die Zahl der darin befindlichen Blockfelder auf rund 300000.

Diesen durchschlagenden Erfolg des Siemensschen Blockes konnte neben einem genialen Grundgedanken seines Erfinders nur stete Weiterarbeit und -ausgestaltung des Systems erreichen. Schon in den ersten Jahren der Anwendung des Blocksystems machte es sich störend bemerkbar, daß die beiden wagerecht nebeneinander liegenden Spulen so viel Platz einnahmen (Abb. 5). Besonders bei mehrteiligen Blockwerken erforderte dies große Längenentwicklung. Deshalb nahm man schon im Jahre 1872 eine Abänderung des Feldes in der Weise vor, daß die Magnetspulen um 90° gedreht wurden, also übereinander zu liegen kamen. Der Anker schwang, wie Abb. 11 zeigt, nun senkrecht aus. Ein weiterer Mißstand ergab sich daraus, daß die Blocktaste auch bei geblocktem Felde niedergedrückt, also mehrere Male hinter einem Zuge die Strecke freigegeben werden konnte. Deswegen wurde einige Jahre später eine Klinke ein gebaut, welche die Druckstange an einer Abwärtsbewegung hindert, wenn die Riegelstange in geblockter Stellung steht (Abb. 9 des Blockfeldmodelles). Die größten Schwierigkeiten und langwierigsten Versuche verursachte der Umstand, daß der Block-Wärter, sowie die vorausliegende Strecke frei war, schon das Blockfeld bedienen und rückwärts freigeben konnte, bevor der Zug vorbeigefahren war. Dies barg große Gefahren in sich. Man führte nach Versuchen mit verschiedenen mechanischen, Druckluft; und elektrischen Sperren, die nur durch den am Signal vorbeifahrenden Zug ausgelöst wurden, endlich die elektrische Druckknopfsperre, jetzt elektrische Tastensperre genannt, ein. Abb. 12 zeigt die älteste Ausführung dieser Sperre, Abb. 13 eine neue.

Die Anwendung der elektrischen Tasten; sperre bot jedoch große Schwierigkeiten, die in der Durchführung der Mitwirkung des Zuges lagen. Allein durch diese konnte der richtige Zusammenhang zwischen Zugfahrt und Blockung erzielt werden. Die Einführung besonderer, hierzu erforderlicher elektrischer Sperren, für die Batterien und Schienenkontakte notwendig waren, erschien damals noch zu ungewohnt, ihre Unterhaltung zu schwierig und ihre Wirkung nicht sicher genug. So erfand die Firma Siemens & Halske im Jahre 1881 die sogenannte Klinkenarretierung zur Verhinderung unbeabsichtigten Deblockierens, die mechanische Druckknopfsperre (Abb. 14). Diese sollte ein einfacheres Mittel bieten, eine vorzeitige Bedienung des Blockfeldes aus; zuschließen. Man setzte hier die Zugfahrt mit einem einmaligen Auf-Fahrt-Stellen und Auf-Halt-Legen des Signales gleich. Die 

Blockung war erst möglich, wenn diese Signalbedienung erfolgt war. Auf die Mitwirkung des Zuges durch die elektrische Tastensperre wurde nun wegen der Schwierigkeiten mit den Kontakten und isolierten Schienen häufig verzichtet. Ganz allgemein sollte durch die mechanische Druckknopfsperre auch ein Vergreifen bei der Bedienung von Blockapparaten an Stellen, wo mehrere Blockfelder nebeneinander angeordnet sind, verhindert werden. Erst viele Jahre später wurde infolge eines großen Eisenbahnunfalles die elektrische Tasten; sperre als ein unbedingt erforderlicher Bestandteil der Streckenblockung allgemein vorgeschrieben.

Um weiter zu verhindern, daß Blockfelder, durch deren Bedienen mechanische Sperren der Signalhebel aufgehoben werden, nur ge; drückt werden, ohne geblockt zu werden, wurde 1882 der Verschlußwechsel eingeführt. Dieser hält bei einfachem Niederdrücken der Stange die Riegelstange gedrückt und damit das Signal verschlossen. Abb. 15 zeigt schematisch die Wirkung des Verschlußwechsels, indem eine Nase sich vor einen Ansatz legt und die Riegelstange in geblockter Stellung hält.

In Verbindung mit der mechanischen Tastensperre bildet der Verschlußwechsel die sogenannte mechanisch-elektrische Blockierungseinrichtung. Durch sie wird erzwungen, daß ein einmal gestellter Hebel zum zweiten; mal erst wieder gestellt werden kann, wenn er durch ein Blockfeld geblockt und dieses wieder entblockt ist. Bei der Einrichtung wird beim Ziehen eines Signalhebels die Riegelstange eines Blockfeldesnach abwärts gezogen und dabei der Rechen in die geblockte Lage gebracht. Diese Bewegung der Blockriegelstange ohne Stromgebung, die mit Hilfe des Magnetankers den Rechen freigibt, wurde durch eine solche Anordnung der Schneiden der Hemmung ermöglicht, daß sie in einer Richtung ausweichen können. Der Signalhebel blockt sich also bei einer Bewegung von „Fahrt“ auf „Halt“ selbst. Die Entblockung geschieht dann in der üblichen Weise durch Wechselstrom.

Ein weiterer Bedienungsfehler, ein unvollständiges Blocken oder vorzeitiges Loslassen der Drucktaste, führte 1893 zur Einführung der Hilfsklinke (Abb. 16 u. 17). Diese ermöglicht, auch wenn jener Bedienungsfehler begangen worden ist, ein nachträgliches Blocken. Sie hält bei nicht vollendeter Blockung die Druckstange in gedrückter Stellung. Bei den ersten Ausführungen wurde sie durch ein auf D der Rechenachse sitzendes Sperrstück so lange in der Sperrlage gehalten, bis der Rechen in seine  niedrigste Lage gelangt war.

Für die Verwendung der oben besprochenen elektrischen Druckknopfsperren war die Erfindung des Schienen-Durchbiegungskontaktes von Siemens & Halske im Jahre 1885 von ausschlaggebender Bedeutung. Bei diesem wurde durch die Durchbiegung der Schiene unter einem fahrenden Zug eine Flüssigkeit (Petroleum, Glyzerin oder Quecksilber) aus einem mit einer Membran abgedichteten Gefäß in ein Steigrohr gepreßt, in dem es einen elektrischen Kontakt schloß. Dieser schloß den Stromkreis der elektrischen Druckknopfsperre. Der Schienenkontakt mit Quecksilber als Druckflüssigkeit wurde allgemein eingeführt (Abb. 18 u. 19).

 

Am Anfang einer Blocklinie fehlte, da nicht zurückgeblockt zu werden brauchte, jeder Zwang, das Ausfahrsignal zurückzulegen. Ein zweiter, auf dem Gleis haltender Zug konnte auf dasselbe Signal hin in die besetzte Blockstrecke fahren. Um diesen Zwang zu ersetzen, erfanden Siemens St Halske 1890 die elektrische Signalflügelkupplung (Abb. 20). Diese läßt, zwischen Signalflügel und Signalantrieb eingeschaltet, den Flügel selbsttätig auf „Halt“ gehen, sobald der Zug den Schienenkontakt befährt. Abb. 21 zeigt die neueste Konstruktion dieser Signalflügelkupplungen.

Hiermit wären die wichtigsten Entwicklungsstufen der Einzelkonstruktionen für die Blocksicherung behandelt. Die Weiterbildung im einzelnen zu beschreiben, würde über den Rahmen dieses Aufsatzes hinausgehen. Die Zusammenfassung der Blockfelder zu einem Blockwerk bedarf aber noch einer Besprechung. Die ursprüngliche Form des Streckenblockes war die einfache zweifeldrige für Blockstellen zweigleisiger Strecken. Hier hat der Wärter einer Blockstelle für jede Richtung nur ein Feld vor sich, das ihm den Zustand der vorausliegenden, von ihm durch Signal gedeckten Strecke zeigt. Über die beiden Streckenabschnitte bis zu der Blockstelle ist der Wärter durch seinen Block nicht unterrichtet. Das wurde aber bald gewünscht. So wurde der Streckenblock vierfeldrig ausgeführt. Der Wärter hatte nun für jede Fahrtrichtung zwei Felder, von denen das eine ihm den Zustand der zurückliegenden, das andere den der vorausliegenden Strecke meldete. Vor allem aber wird durch den vierfeldrigen Block auf den Zwischenstationen die richtige Reihen; folge in der Blockbedienung ohne weiteres da; durch erzwungen, daß Endblockfeld und Anfangblockfeld zweier benachbarter Zwischenblock; strecken gekuppelt sind. Bedient wurden beide Felder vom Wärter in einem Bedienungsgange durch eine gemeinschaftliche Taste. Dieser vierfeldrıge Streckenblock ıst allgemein eingeführt  für Blockstellen ein; und zweigleisiger Strecken (Abb. 22 u. 23).

Weitere Schwierigkeiten ergaben sich für die Blockung eingleisiger Strecken. Zuerst verwendete man auf eingleisigen Strecken nur das telegraphische Anbiete; und Annahmeverfahren, wie es noch heute für den Fall von Blockstörungen vorgeschrieben ist. Für Mecklenburg wurde zuerst eine Lösung mit einem zweifeldrigen Block angewendet, dessen Grundgedanke darin bestand, daß sich stets das eine der beiden Anfangsfelder der eingleisigen Strecke in geblocktem Zustande befand. Die Stationen konnten sich das Feld gegenseitig entblocken und damit die Ausfahrt freigeben. Auf die Einzelheiten der Ausführung soll nicht näher eingegangen werden. Zur Erreichung einer größeren Sicherheit führten Siemens & Halske dann 1891 den dreifeldrigen Streckenblock ein. Als sich auf Strecken mit lebhafterem Verkehr dieser als nicht beweglich genug zeigte, entwickelten Siemens & Halske den fünf; bzw. siebenfeldrigen Streckenblock, der im Jahre 1905 patentiert wurde. 

Zu den zwei üblichen Blockfeldern, dem Anfang; und Endfeld, trat beim Dreifelderblock ein Erlaubnisabgabefeld. Die Streckenfelder befanden sich im Gegensatz zum Block der zweigleisigen Strecken in Ruhe in geblocktem Zustande, hielten also die Signale unter Verschluß. Entblockt wurde das Anfangfeld erst durch Bedienung des Erlaubnisabgabefeldes der Gegenstatıon. Damit war das Ausfahrsignal frei. Mit der Vorblockung wurde das Endfeld der Gegenstation entblockt und damit deren Einfahrsignal freigegeben. Die Rückblockung erfolgte durch Blockung des Endfeldes, wobei die Erlaubnisabgabefelder bei den Stationen entblockt wurden. Als Nachteile dieser an sich billigen Blockeinrichtung wurde empfunden, daß eine einmal gegebene Erlaubnis nicht zurückgegeben und dann eine weitere Erlaubnis in irgendeiner Richtung erst nach völlig beendeter Zugfahrt gegeben werden konnte.

Diese Mängel beseitigte die fünffeldrige, eingleisige Streckenblockung. Hier sind die normalen Streckenfelder, das Anfang; und Endfeld, in ihren üblichen Ruhestellungen vorhanden. Außerdem ist für jede Richtung ein Erlaubnisabgabe- und Erlaubnisempfangsfeld hinzugefügt. Die Erlaubnis zu einer Fahrtkann schon während einer noch nicht beendeten anderen Fahrt gegeben und beliebig zurückgegeben werden, bis zu dem Augenblicke, wo das freigegebene Signal gestellt und damit eine Rückgabesperre betätigt ist. Diese wurde zuerst als besonderes, für sich vor der Auf-Fahrt-Stellung des Signals zu bedienendes Feld ausgeführt, ist jetzt aber in der schon oben beschriebenen Weise mit dem Signalhebel verbunden, so daß sie durch das Auf-Fahrt-Stellen des Signals in Kraft tritt. Soll eine Blockstelle zur Erreichung schnellerer Zugfolge in einer Richtung eingelegt werden, so treten zwei Erlaubnisabgabe- bzw. -empfangsfelder hinzu. Die Blockstelle ist wie die einer zweigleisigen Strecke ausgeführt mit dem Unterschied, daß die Signale erst frei werden, wenn die Vorblockung erfolgt ist. Hierdurch wird eine Signalstellung für die falsche Fahrtrichtung ausgeschlossen. Eine solche würde bei Vorbeifahrt des Zuges die Auslösung einer falschen Tasten; sperre zur Folge haben und damit Veranlassung zu Störungen geben.

Die eben beschriebenen Streckenblockungen sind die hauptsächlichsten jetzt im Eisenbahnbetrieb verwendeten. Im Stadtbahn- und Schnellbahnverkehr hat man den Siemensschen Handblock durch verschiedene Mittel noch leistungsfähiger gestalten müssen. So hat man z. B. auf der Berliner Stadtbahn die Bahnsteigstrecke als besondere Blockstrecke betrachtet, obwohl man die Bedienung sämtlicher Signale in einem Stellwerk ließ. Hierdurch sind gewissermaßen zwei Blockstellen in ein Blockwerk zusammengezogen. Um die Arbeit und den Zeitaufwand bei dem häufigen Kurbeln des Induktors zu sparen, hat man auf Strecken mit regem Verkehr, z. B. der Berliner Stadtbahn, Motorinduktoren

angewendet. Der Beamte schaltet durch das Drücken der Taste den Strom an und braucht sie nur so lange festzuhalten, bis die Blockung erfolgt ist. Auf der Hamburger Hochbahn ist man noch weiter gegangen und hat hier ein besonderes Festhaltefeld eingefügt, so daß nach Niederdrücken der Taste die Bedienung selbsttätig vor sich geht und der Beamte für den Bahnsteigdienst frei wird. Dieser Hamburger Block stellt die leistungsfähigste Form des Handblockes dar und vereinigt die Vorteile des Handblockes mit der Möglichkeit so schneller Zugfolge, daß sie nur noch wenig vom automatischen Block übertroffen wird.

Außer der Verwendung des Blockfeldes als Streckensicherung war für den Erfolg des Siemensblockes die Möglichkeit, im Zusammenhange mit dieser Bahnhofssicherungen zu schaffen, ausschlaggebend. Schon bis zum Jahre 1871 reichen diese Anfänge.

Ein Wechselstromblockfeld kann für jede Festlegung, Zustimmung, Befehlsabgabe benutzt werden, die von anderer Stelle wieder auf; gehoben bzw. zurückgegeben werden soll. Das Gleichstromfeld dient für Festlegungen, die selbsttätig, z. B. durch Schienenkontakt oder isolierte Schiene, ausgelöst werden sollen. Die mannigfaltige Anwendung auf dem Gebiete des Stationsblockes soll hiermit nur gestreift werden. Welche Bedeutung der Siemensblock für die Sicherung eines größeren Bahnhofs hat, zeigt in Abb. 24 ein Stationsblockwerk und in Abb. 25 ein Stellwerk. Unsere neuen Bahnhöfe, wie Leipzig, Frankfurt und Stuttgart, wären ohne den Siemensblock gar nicht denkbar.

Zum Schlusse sei noch kurz des immer mehr bei Bahnen mit starkem Verkehr, wie städtischen Hoch- und Untergrundbahnen, Stadt- und Vorortbahnen, Eingang findenden selbsttätigen Blockes gedacht. Amerika mit seinen eigenartigen Verkehrsbedingungen hatte hier schon verschiedene Systeme entwickelt. Als man sich neuerdings auch in Deutschland dem selbsttätigen System zuwandte, hat die Firma Siemens & Halske die Schienenisolierungen von den Amerikanern übernommen, alle übrigen Apparate dazu aber in Siemensschen Originalkonstruktionen ausgeführt, die einen ausländischen Wettbewerb nicht zu fürchten haben.

Zu dem Rufe der deutschen Eisenbahnen und ihrer Sicherheit, die in der ganzen Welt anerkannt wird, hat die Geisteswerkstatt eines Werner Siemens Hervorragendes beigetragen.