Das elektromechanische Stellwerk Wsk war vom 28. Juni 1928 bis zum 13. Juni 1993 in Betrieb.

Die telegraphische Abkürzung Wsk steht für Wannsee Kehrbahnhof. Wsk war betrieblich ein Befehlsstellwerk.

Der Fahrdienstleiter Wsk regelte die Zugfahrten auf der S-Bahn von und nach Grunewald und Nikolassee (Wannseebahn). An den Zugfahrten auf der Fernbahn war er über Bahnhofsblock mitbeteiligt. Die benachbarten Stellwerke waren im Bahnhof Wannsee Ws und Wot, das Stellwerk Ni bis 1936.

Der Architekt des Stellwerks Wsk ist Richard Brademann. Der Hochbau steht unter der Objektnummer 09075493 Denkmalschutz.

Zum Titelfoto: Eine Reminiszenz an zwei Epochen: Die typische Stadtbahnlok 74 1230 als Vorläufer der Berliner S-Bahn und das Stellwerk aus der Ära der Elektrifizierung. 2. November 1984. Foto: Markus Hellwig.

 

Bauform des Stellwerks Wsk:

Das elektromechanische Hebelwerk von Wsk der Bauform VES 1912 stammt von den Vereinigten Eisenbahn Signalwerken..

Bahnhofs- und Streckenblock

Gleichstrombahnhofsblock nach Wot und Ws. Automatischer Streckenblock Bauform O&K auf der S-Bahn.

 

 

km 12,5 der Strecke Berlin Ostbahnhof—Potsdam Hbf (VzG Strecke 6024). Km 12,5 der Strecke Schöneberg Vorort—Wannsee (VzG Strecke 6033).  Standort des Stellwerks Wot bei Openstreetmap

Hinweis: Bitte mit dem Mauszeiger auf die Koordinaten unter Internal zeigen, damit der Positionsmarker angezeigt wird.

Unteres Foto: Wsk 1992. Geoportal Berlin, Lizenz dl-de/by-2-0 https://www.govdata.de/dl-de/by-2-0

Wsk Luftfoto 1992

 

 

Das erste Stellwerk für die Kehranlagen existierte knapp 2 Jahre

 

Der Vorläufer des späteren Stellwerks Wsk von Brademann. Foto: Sammlung Lars MolzbergerDer Vorläufer des späteren Stellwerks Wsk von Brademann. Foto: Sammlung Lars MolzbergerNach dem Umbau des Bahnhof Wannsee für die Einfädelung der Linie nach Stahnsdorf (Friedhofsbahn) im Jahre 1913 steuerten 2 Stellwerke den Bahnhof, nämlich Ws und Wot. Die beiden Stellwerke konnten vermutlich den gestiegenen Verkehr in den folgenden Jahren nicht mehr bewältigen, denn es wurde 1926 ein weiteres Stellwerk gebaut. Das Stellwerk Wsk (Wannsee Kehrbahnhof) nördlich vom Bahnsteig B gelegen, steuerte die beiden Kehranlagen des Bahnhofs Wannsee.  Mit großer Wahrscheinlichkeit war das erste Wsk ein Befehlsstellwerk. Das von Richard Brademann entworfenen Gebäude wurde schon 1927 durch den noch heute existierenden Hochbau ersetzt.

 

 

 

 

 

 

Das erste Stellwerk Wsk von 1926. Zeichnung Archiv Berliner Stellwerke.deDas erste Stellwerk Wsk von 1926. Zeichnung Archiv Berliner Stellwerke.de

 

Umbau des Bahnhofs Wannsee - das zweite Stellwerk Wsk entsteht

 

Das neuerbaute Stellwerk Wsk. Im Hintergrund das vorherige Stellwerk Wsk. Foto: Slg Lars MolzbergerDas neuerbaute Stellwerk Wsk. Im Hintergrund das vorherige Stellwerk Wsk. Foto: Slg Lars Molzberger

 


Zeichnung des Stellwerks Wsk von 1928. Archiv Berliner Stellwerke.deZeichnung des Stellwerks Wsk von 1928. Archiv Berliner Stellwerke.de
1928 wurde der Bahnhof Wannsee wegen der Aufnahme des elektrischen Vorortverkehrs umgebaut. Das alte Stellwerk Wsk war vermutlich an seine Kapazitätsgrenze gestoßen und wurde durch den heute bekannten Neubau ersetzt. Richard Brademann beschreibt das neue Stellwerk Wsk wie folgt: „Als letzter Stielbau sei eins der neuen Stellwerke des umgebauten Bahnhofs Wannsee gezeigt..., in dessen Unterbau von 4,6m x 4,6m Grundfläche im Keller der kleine Heizraum, und in den weiteren Geschossen, außer der Treppe, ein Raum für Weichensteller, Schrankraum mit Abort und Kabelboden untergebracht sind.“[1]

 Für die Anbindung des Bahnsteig A von der Stadtbahn her wurde eine neue Verbindung von Nikolassee (Stellwerk Ni) nach Wannsee gebaut, die am 16.08.1928 in Betrieb ging.[2] Das Stellwerk Wsk wurde mit einem Hebelwerk der VES Bauart 1912 ausgestattet. Anfangs waren Formsignale vorhanden. 1936 wurde zwischen Schlachtensee und Wannsee auf SV-Signaltechnik mit automatischen Streckenblock umgerüstet. Die Block- und Signalanlagen lieferte aber nicht die VES, sondern Orenstein & Koppel. Selbst die Schalttechnik war etwas Besonderes: „Eine Sonderstellung nehmen die Schaltrelais der Firma Orenstein & Koppel ein, die vor einigen Jahren für die selbsttätigen Signalanlage zwischen Westkreuz und Wannsee in Berlin geliefert worden sind. Diese Relais besitzen Quecksilber-Schaltröhren. Die Kontaktfrage als solche scheint damit in obigem Sinne gelöst. Die Relais besitzen und behalten nur den einen schalttechnischen Nachteil, daß die Röhren in Handarbeit hergestellt werden müssen. Sie erreichen also nie die Gleichmäßigkeit und Verläßlichkeit, die ein technischer Teil bei maschineller Fertigung erreichen kann. Hin und wieder muß eine Röhre ausgewechselt werden, weil sie gesprungen ist und Luft bekommen hat, so daß das Quecksilber verschmutzt und keinen sicheren Kontakt mehr gibt. Die beweglichen Zuführungen zu den Schaltröhren machen bei richtiger Ausführung keine allzu großen Schwierigkeiten.“[3]SV-Signaltechnik von Orenstein & Koppel erkannte man an der von der Bauart VES abweichenden Fahrsperre: Die Technik war komplett eingehaust und nicht offen, siehe Fotos:

 

 

 Zweimal die Fahrsperre von Orenstein & Koppel. Einmal vor Wsk und Gds. 1981 und 1983 Foto Frank MüllerZweimal die Fahrsperre von Orenstein & Koppel. Einmal vor Wsk und Gds. 1981 und 1983 Foto Frank Müller

 

Die betrieblichen Aufgaben des Stellwerks Wsk

 
Der Fahrdienstleiter Wsk war zuständig für die Durchführung der Zugfahrten aus Richtung Grunewald (Stadtbahn) und Zehlendorf (Wannseebahn). Die Züge von Grunewald fuhren in der Regel nach Gleis 1, die Züge von Zehlendorf nach Gleis 2 ein. Die Züge von Stahnsdorf kehrten auf den Gleisen 17 bis 19. Für die Züge des Fernverkehrs waren die Gleise 23 bis 25 vorgesehen. Bis 1936 existierte am Gleis 6 das Zwischensignal K, das den Weichenbereich der Kehranlage deckte. Der Fahrdienstleiter Wsk bediente laut Bahnhofsplan vom 29.06.1929 6 Hauptsignale, 26 Weichen, 5 Gleissperrsignale und 1 Gleissperre.

Der Stellwerksbezirk Wsk 1929. Archiv Berliner-Stellwerke.deDer Stellwerksbezirk Wsk 1929. Archiv Berliner-Stellwerke.de


Mit der Umrüstung des Bf Wannsee auf die SV-Signaltechnik 1936 und der viergleisigen Anbindung der Wetzlarer Bahn von und nach Grunewald wurde das Stellwerk Wsk zu einem Wärterstellwerk herabgestuft. Seit dem 17.11.1936 wurden die betrieblichen Aufgaben durch einen Weichenwärter durchgeführt, dem in der Zeit von 06:00 bis 09:00 Uhr sowie von 15:00 bis 21:00 Uhr noch ein Weichenwärter als Verstärkung beigeordnet war. Ich nehme an, dass diese Verstärkung auch davor schon existierte.[4] Der Weichenwärter regelte auf der S-Bahn den Zugverkehr analog eines Fahrdienstleiter, solange der Regelverkehr lief. Bei Abweichungen vom Regelverkehr mit mehr als fünf Minuten Verspätung übernahm der Fahrdienstleiter Ws die Disposition des Zugverkehrs. So konnte die Deutsche Reichsbahn Personalkosten sparen: Solange alles normal lief, durfte der Weichenwärter sich wie ein Fahrdienstleiter fühlen, bei Betriebsstörungen bestimmte der Fahrdienstleiter Ws.

Laut Bahnhofsplan vom 25.06.1940 sind folgende Änderungen an den Bahnanlagen gegenüber 1929 erkennbar:

Die Weichen 16, 17 und 18, die in den Kehranlagen für das Umsetzen der Lokomotiven benötigt wurden, sind Handweichen. Bei der S-Bahn-Kehre macht das auch Sinn, bei der Fernbahn-Kehre eher nicht.


Befand sich vorher ein Gleissperrsignal 23/25 für die Fahrt aus diesen Kehrgleisen nach Gleis 5, so sind jetzt die Gleise 24/25 mit je einem Gleissperrsignal versehen. Aus Gleis 23 ist keine Fahrt nach Gleis 5 mehr möglich, weil die Weiche 47 als einfache Kreuzungsweiche diese Fahrt nicht zulässt.

Es gab keine automatische Fahrstraßenauflösung für Fahrten in die Kehrgleise. Der Wärter/Fahrdienstleiter löste die Fahrstraßen nach erfolgter Kehrfahrt mittels einer Auflöstaste von Hand auf. Nicht nur einmal kam es vor, dass eben nicht genau hingesehen wurde, die Fahrstraße wurde unzeitig aufgelöst, die Weichen gestellt. Die S-Bahn-Züge fuhren dann auf dem sog. „Sommerbett“, wie Eisenbahner Entgleisungen beschreiben.

Für die Einfahrten von von der Stadtbahn nach Gleis 1 gab es den gelben Umleithebel. Nach Festlegung dieses Hebels stellte sich das Einfahrsignal 166 selbsttätig auf Fahrt. Solange keine Kehrfahrten stattfanden, brauchte sich der Wärter/ Fahrdienstleiter nicht um diese Einfahrt kümmern. Für die Einfahrt auf Signal 2 von der Wannseebahn gab es keinen Umleithebel, weil die Züge nach Stahnsdorf planmäßig von Gleis 2 einsetzten. Das Signal 2 kam aber erst dann in die Fahrtstellung, wenn der Gleisabschnitt vor diesem Signal durch einen Zug besetzt wurde.

Der Stellwerksbezirk Wsk 1940. Archiv Berliner-Stellwerke.deDer Stellwerksbezirk Wsk 1940. Archiv Berliner-Stellwerke.de

 

 

Die Zeit von 1945 bis 1993

 
Das Stellwerk Wsk und die Gleisanlagen des Stellwerksbezirks Wsk blieben von Demontagen verschont. Nach 1945 wurde Wsk aber wieder von einem Fahrdienstleiter besetzt. Zeitzeugen, die in den 1950er Jahren in Wannsee arbeiteten, kennen nur die Besetzung mit einem Fahrdienstleiter. Wsk übernahm nach 1945 das Kehren der Züge, die für gewöhnlich auf Gleis 28 in Stellwerksbezirk Ws kehrten. Das Gleis 28 war in die Einfahrten von Potsdam eingebunden. Die Strecke war durch Demontage seit 1945 eingleisig. Einfahrten von Potsdam nach Gleis 4 erfolgten unter Mitbenutzung des Gleises 28.

Vom 15. Mai 1949 bis 15. November 1958 verkehrte die Zuggruppe G von Mahlsdorf nach Grunewald.[5] Nach Zeitzeugenaussagen ist diese Zuggruppe im Sommer, wenn im Strandbad Wannsee Hochbetrieb herrschte, operativ nach Wannsee verlängert worden. Für die Kehrfahrt über Wsk hätte der Triebfahrzeugführer dreimal den Führerstand wechseln müssen. Kehrzeit gab es quasi keine (bei 20 Minuten Kehrzeit in Grunewald rechnen wir mal 16 Minuten für die Fahrt Grunewald-Wannsee und zurück; bleiben gerade mal 4 Minuten Kehrzeit). Also wurde aus dem BW Wannsee ein Triebfahrzeugführer abgeordnet und mit beidseitig besetzten Führerstand die Kehrfahrt durchgeführt. Nach dem 13. August 1961 war das Gleis 28 wieder als Kehrgleis verfügbar.

In den 1970er Jahren rationalisierte die Deutsche Reichsbahn die Aufsicht auf dem Bahnsteig B. Die Abfertigung der Züge nach Grunewald und Zehlendorf erfolgte mittels Kameras durch den Fahrdienstleiter Wsk. Die Fernbahn-Kehre bestand 1976 nur noch aus dem Gleis 23.[6]

Ca. 1982/1983 wurden die Weichen 46 bis 49 der Fernbahn-Kehre dem Stellwerk Wot zugeordnet. Bis heute hält sich bei Zeitzeugen das Gerücht, dass die Deutsche Reichsbahn Kenntnis hatte, dass in absehbarer Zeit die S-Bahn an einen anderen Betreiber abgegeben wird. Aus welchen Grund macht es sonst Sinn, vor dem Stellwerk liegende Weichen an das 400m entfernte Wot anzuschließen?

 Im Frühjahr 1983 fährt eine S-Bahn Richtung Grunewald aus. Foto: Frank Müller

Im Frühjahr 1983 fährt eine S-Bahn Richtung Grunewald aus. Foto: Frank Müller

Innenansicht Stellwerk Wsk mit Gleisfreimeldetafel. 12. Januar 1975. Slg Frank MüllerInnenansicht Stellwerk Wsk mit Gleisfreimeldetafel. 12. Januar 1975. Slg Frank Müller


Am 9. Januar1984 übernahm die BVG die Betriebsrechte der Berliner S-Bahn von der Deutschen Reichsbahn. Das Stellwerk Wsk wurde nun durch Personale der BVG besetzt, die teilweise von der Deutschen Reichsbahn stammten. Bis zum 1. Februar 1985 hatte der Fahrdienstleiter Wsk bis auf Überführungsfahrten keine regulären Zugfahrten auf der Wannseebahn durchzuführen.

1988 plante die BVG ein Regionalstellwerk, das sämtliche Stellwerke des Bahnhof Wannsee, die den S-Bahn-Betrieb durchführten, ersetzt hätte. Durch die politische Wende 1989 wurde aus der Planung nichts mehr. In dem vorgesehenen Stellwerksneubau gingen am 13. Juni 1993 zwei Elektronische Stellwerke Wsf und Wss in Betrieb. Das Stellwerk Wss (Wannsee S-Bahn) steuert seitdem den Stellwerksbezirk Wsk mit.

Das Stellwerk Wsk steht wie die Stellwerksgebäude Ws und Wsa unter Denkmalschutz und repräsentiert sich in einem gut erhaltenen Zustand.

 

Zum Schluß die Bildergalerie zum Stellwerk Wsk

 

 

 

 


 

 

Woher stammt das Wissen?

[1] Brademann, Richard in: Zentralblatt der Bauverwaltung, Nr. 32 vom 08. August 1928, Neue Stellwerksgebäude der Reichsbahndirektion Berlin, Seite 518
[2] Kuhlmann, Bernd Bahnknoten Berlin Verlag GVE 2006, Seite 274
[3] Zeitschrift für das gesamte Eisenbahn-Sicherungs- und Fernmeldewesen Heft 12, 10. September 1942
[4] Bahnhofsdienstanweisung Bahnhof Wannsee vom 01. Januar 1930 in der Berichtigung vom 17.11.1936, Landesarchiv A Rep. 080-01 Nr. 107
[5] Berliner Verkehrsblätter 05/1976 S-Bahn-Linienchronik 1945-1975, Seite 109
[6] Gleisplansammlung Senator für Bau- und Wohnungswesen 1976, Blatt 7-60 Bf Wannsee, Stand 01.12.1976

Veröffentlicht am 2. September 2012

Letzte Bearbeitung am 13. Januar 2023